+++ Leseproben +++
Eltern-Oma-Tausch
2. Kapitel: Warten auf einen
Anruf
Auf Zehenspitzen schleicht Tobias durch den Flur, öffnet die Haustür
und schließt sie ganz leise wieder hinter sich.
Es ist richtig heiß draußen. Ein Jahrhundertsommer, behaupten
die Sprecher in den Nachrichten. So einer, den es nicht oft gibt, bei dem
die Temperaturen oft auf über dreißig Grad steigen und die Luft
flimmert.
Tobias findet das prima. Manchmal gibt es von der Schule Hitzefrei,
so wie heute, und er geht ins Schwimmbad. Dann ist er auch nicht viel im
Haus, kann also keine Unordnung machen und das doofe Aufräumen entfällt.
Nun läuft er bis zur dicken Linde auf dem Rathausplatz. Dort heftet
er den ersten Zettel an. Hier sehen diesen bestimmt ganz viele Menschen,
denkt Tobias.
Den zweiten bringt er ein Stück weiter an der Tafel mit den Karten
der Umgebung an. Manche Fremde informieren sich da über die Wege und
Straßen der Stadt und eventuell wollen Wanderer die Eltern. Könnte
doch möglich sein!
Den dritten Zettel drückt er mit Reißnägeln an die
Holztür der einzigen Kirche. Vielleicht interessieren sich Gläubige
für Mama und Papa? Dass diese nicht so oft Gottesdienste besuchen,
muss er ja nicht gleich verraten.
Zufrieden geht Tobias wieder zurück nach Hause. Er schwitzt. Nicht
nur wegen der Wärme, sondern auch, weil das alles sehr aufregend ist.
„Wo warst du denn?“, empfängt ihn Mama. „Ich habe dich schon gesucht.
Das Mittagessen ist fertig.“
Sie stellt drei Teller auf den Tisch.
„Ach, mal hier, mal da“, antwortet Tobias.
Das ist Papas Spruch, wenn er etwas nicht verraten möchte.
Die Pfannkuchen sind auch nicht anders als sonst, aber sie schmecken
Tobias heute nicht.
„Ist was?“ Mama schaut ihn irgendwie besorgt an.
Schnell schluckt Tobias ein großes Stück hinunter. „Ich
bin satt“, meint er dann und setzt sich in die Nähe des Telefons.
Doch es läutet nicht. Weder in der nächsten Stunde, noch
später. Erst kurz bevor er ins Bett gehen soll, lässt ihn der
laute Klingelton hochschrecken.
So schnell kann Mama gar nicht rennen, wie er den Hörer in die
Hand nimmt, an sein Ohr presst und „Hier ist Tobias“ flüstert.
„Warum bist du so leise?“, hört er ziemlich laut am anderen Ende.
Tante Else.
Sie ruft immer am Freitagabend an und wünscht ein schönes
Wochenende. Jetzt will sie aber erst einmal wissen, warum Tobias fast nicht
zu hören ist.
„Bist du krank? Halsschmerzen? Oder ist sonst was? Mit deinen Ohren
vielleicht?“, fragt sie und brüllt noch lauter.
„Nein, alles in Ordnung“, antwortet Tobias und reicht den Hörer
an Mama weiter.
Sie unterhält sich mit Tante Else. Lang. Noch länger. Viel
zu lang.
Tobias geht vor Mama auf und ab. Hüpft auf einem Bein, legt sich
auf den Boden.
Wie kann man nur so lange reden? Dass die Erwachsenen auch immer etwas
zu erzählen wissen.
Wenn jetzt jemand wegen dem Verschenken der Eltern anruft, dann kann
er mich nicht erreichen, denkt Tobias und ihm wird ganz schlecht.
Er stöhnt. Mama bemerkt es nicht.
Er stöhnt lauter. Mama schaut nicht einmal in seine Richtung.
Er jammert und hält sich den Bauch.
„Du, Else, ich muss aufhören! Irgendwas stimmt mit Tobias nicht“,
meint sie endlich und legt auf.
Tobias schnauft zufrieden. (...)
Anne Hassel: Eltern-Oma-Tausch,
mit 6 Illustrationen von Eva Künzel,
80 S., 11,80 €, August 2015, ISBN 978-3-929386-54-7
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Kunst im Rheinland
Wegweiser - Einführung
Wer an herausragende Orte im Rheinland denkt, dem fällt der Kölner
Dom und der Drachenfels im Siebengebirge ein. Orte, die Jahr für Jahr
zahlreiche Menschen aus der ganzen Welt anziehen und die eine große
Faszination ausüben. Dort erhält der Besucher überwältigende
Eindrücke der rheinischen Landschaft und eines bemerkenswerten kulturellen
und künstlerischen Erbes, das Menschen in dieser Landschaft über
Jahrhunderte geschaffen haben.
Das Rheinland hat aber für seine Bewohner und seine an Landschaft,
Kunst und Kultur interessierten Gäste nicht nur Dom und Drachenfels
zu bieten. Seine Attraktion rührt entscheidend aus der Vielzahl an
Sehenswürdigkeiten und wunderbaren Orten links und rechts des Rheins.
Dazu zählen historische Stätten, wie das zum Weltkulturerbe gehörende
Brühler Schloss, Feste, die typisch sind für diesen Teil Deutschlands
und Europas, eine bunte Museumslandschaft – und immer wieder neue, überraschende
Ansichten des Stromes, der der Landschaft den Namen gibt.
Dieser Bildband zeigt zehn Orte zwischen Koblenz und Kleve, die allesamt
faszinierend sind und die sich in jeder Hinsicht lohnen, besucht zu werden.
Orte, die aufgrund ihrer landschaftlichen Schönheit und der dort zu
entdeckenden Kunstwerke einen ganz besonderen Reiz ausüben. Orte,
an denen Kunst und Natur ein enges, immer spannendes Verhältnis eingegangen
sind.
Auf zwei Pfaden lasse ich Sie wandeln, wenn Sie bereit sind, mir zu
folgen. Der erste Pfad - das Skulpturenufer Remagen - ist im Verlauf mehrerer
Kilometer der historische Treidelpfad südlich von Bonn. Wo früher
Pferde die Schiffe flussaufwärts zogen, haben Sie sagenhafte Ausblicke
auf das Siebengebirge und die alte Römerstadt Remagen, und immer wieder
treffen Sie auf von Künstlern geschaffene „Wegmarken“. Dass Sie diese
Werke dort entdecken können, ist selbstverständlich kein Zufall.
Dieser Pfad führt Sie zu einem Ort, Rolandswerth, in dem sich viele
Jahre ein Zentrum kulturellen Lebens im südlichen Rheinland befand
– und seit der Eröffnung des Arp Museums Bahnhof Rolandseck wieder
befindet.
Ein ganz besonders geschichtsträchtiger Ort im Rheinland ist das
Tal, in dem Mitte des 19. Jahrhunderts die mehr als 40.000 Jahre alten
Überreste des Homo neanderthalensis gefunden wurden. Auf dem Skulpturenpfad
MenschenSpuren können Sie auf den Spuren des Neandertalers wandern
und die Werke von zehn Künstlern betrachten, die sich mit der Gestalt,
der Geschichte und dem Geist dieses Ortes auseinandersetzen. Von vier dieser
Werke finden Sie Abbildungen in diesem Buch.
Liegen die von deutschen und Internationalen Künstlern geschaffenen
Werke am Rande der beiden Skulpturenpfade in einiger Entfernung voneinander,
so müssen Sie, um von einem zu einem anderen Kunstwerk in den von
mir ausgewählten Gärten und Parks zu kommen, oft nur ein paar
Schritte gehen. Gärten und Parks selbst, ohne dass sie durch künstlerische
Objekte zusätzlich aufgewertet werden, drücken Vorstellungen
von paradiesischen Verhältnissen aus und sind Utopien eines friedlichen
und harmonischen Miteinanders von Mensch und Natur. Wenn dann auch noch
an diesen Orten Künstler ihre Werke aufstellen, erhalten diese Orte
einen zusätzlichen Reiz.
Sechs der von mir vorgestellten Parks haben eine viele Jahrzehnte, manche
sogar Jahrhunderte währende Geschichte. Drei Parks, der Schlosspark
Stammheim, der Skulpturenpark Museum Morsbroich und der Skulpturenpark
Museum Schloss Moyland, haben ihre Wurzeln in fürstlichen Gartenanlagen.
Drei Parks, der Skulpturenpark Köln, der Skupturenpark Waldfrieden
und der Immanuel-Kant-Park Duisburg sind ursprünglich Garten- oder
Parkanlagen wohlhabender Bürger oder der Stadt. Zwei der vorgestellten
Anlagen fehlt dieser Hintergrund, was für diese Orte kein Nachteil
ist. im Tal und Museum Insel Hombroich sind in den 80er Jahren des vorigen
Jahrhunderts entstanden. Beide wurden von bildenden Künstlern initiiert
und zeigen in ihrer Anlage und Gestaltung ein verändertes Verhältnis
zur Natur. So spricht Erwin Wortelkamp, der im Tal-Gründer, nicht
von einem Park oder von einem Garten, sondern von einer Kulturlandschaft
mit landwirtschaftlicher Nutzung, die von Künstlern, Landschaftsarchitekten,
Bildhauern, Schriftstellern und Musikern gestaltet wurde und gestaltet
wird.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Reise von Remagen nach
Moyland – und wenn denn meine Bilder Ihnen gefallen, Sie zum Nachdenken
anregen und Sie vielleicht auch manchmal zum Schmunzeln bringen, ist ein
wesentliches Ziel dieses Buches erreicht. Wenn Sie sich dann auch noch
nach dem Betrachten der Bilder auf den Weg machen, um einen oder mehrere
der vorgestellten Orte zu besuchen, bin ich restlos zufrieden.
Hans Weingartz
Hans Weingartz: Kunst
im Rheinland - Skulpturenparks und Skulpturenpfade zwischen Koblenz und
Kleve, 96 S., Hardcover, 24,80 €, Juli 2015, ISBN 978-3-929386-50-9
Auszug aus dem Buch (Seiten 3 - 13)
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Schattenzeit
Herausgegeben von Barbara Ter-Nedden
Marita Bagdahn:
Heinrich
Heinrich Winter betrachtete sein zerfurchtes
Gesicht im Spiegel, strich über Wangen und Kinn. Musste er sich heute
rasieren? Die Bartstoppeln waren fast so lang, dass sie nicht mehr kratzten.
Martha würde nicht schimpfen. Sie schimpfte nicht mehr. Früher
schon. Früher … gestern … Hatte er sich gestern rasiert? Kam Claudia
ihn heute besuchen?
Im Pyjama schlurfte er in die Küche und
schaute auf dem Wandkalender nach. Seine Tochter hatte die Tage, an denen
sie zu ihm kam, rot umkringelt. Es waren viele Kringel – nur: Was für
ein Tag war heute bloß? Dienstag? Freitag?
Vorsichtshalber beschloss er, sich zu rasieren
und saubere Kleidung anzuziehen. Ihm entgingen Claudias verstohlene Blicke
nicht, wenn sie ihn begrüßte. Er konnte sich noch gut allein
versorgen! Es war nur so anstrengend, ihr das immer aufs Neue zu beweisen.
Das Frühstücksgeschirr ließ er
stehen, er konnte es später wegräumen. Die Sonne schien verführerisch
durchs Küchenfenster, wer weiß, wie lange noch. Es konnte Regen
geben. Heinrich zog die blaue Jacke an, nahm seinen Spazierstock und verließ
die Wohnung. Angenehm mild empfing ihn die Luft.
„Na, Herr Winter“, rief ihm Frau Schmittke aus
dem geöffneten Fenster zu, „machen Sie Ihren Spaziergang?“
Verhalten antwortete er: „Ja“, und murmelte vor
sich hin: „Vielleicht schaffe ich es heute noch bis zum Friedhof.“
„Na, na, lassen Sie das lieber nicht Ihre Tochter
wissen.“
Dieses Klatschweib hat Ohren wie ein Luchs! dachte
Heinrich.
Das zarte Grün der Bäume und Büsche
tat seinen Augen gut, die Bewegung und die frische Luft belebten ihn. Für
sein Alter war Heinrich ganz gut zu Fuß, nur die linke Hüfte
machte ihm Probleme. Er brauchte seine Spaziergänge; leider wollte
Claudia nicht, dass er allein so weit ging.
Er entschied sich für einen kleinen Abstecher
zur alten Mauer unweit seiner Wohnung und blieb dort eine Weile stehen.
Seine Hand glitt über die Bruchsteine, über die unebene Oberfläche,
über die Mörtelzwischenräume, die sie verbanden. Diese Mauern
liebte er. Sie strahlten für ihn etwas Beruhigendes aus, sie erinnerten
ihn an die Mauer an seinem Elternhaus, an der er so oft gespielt, auf die
er geklettert war und die ihm manche Schürfwunde und einen gebrochenen
Arm eingebracht hatte. Wie oft hatte er als Kind sein Ohr an die kühlen
Bruchsteine gelegt, damit sie ihm ihre Geheimnisse anvertrauten. Man musste
warten, Geduld haben. Er hatte Geduld gehabt und gewartet.
Als Heinrich sich satt gesehen und zum Abschied
über die Steine gestrichen hatte, spazierte er weiter zum Park, wo
die gelben, blauen und roten Blumen in den Beeten ihm entgegen leuchteten.
Die Namen fielen ihm gerade nicht ein, doch das machte nichts. Sie sahen
hübsch aus und gaben dem Frühling seine Farbenpracht.
Auf einer sonnigen Bank ruhte er sich aus, beobachtete
die Spatzen, die sich auf dem Rasen zankten. Wehmütig schaute er den
Spaziergängern hinterher, die zu zweit, zu dritt, zu viert an ihm
vorbei schlenderten. Ein vorwitziger Spatz hüpfte auf dem Rasen vor
der Bank, stoppte und beäugte ihn. „Na, du Kleiner, auch ganz allein?“,
sagte Heinrich. Ein Junge rannte vorbei, und der Vogel flatterte aufgeschreckt
davon.
Martha lebte schon viele Jahre nicht mehr, und
es schien Heinrich, dass sie ihm jeden Tag noch ein bisschen mehr fehlte.
Er fasste sich an die Brust. Da war es wieder, das Ziehen. Und dieser Druck,
als spannte sich unter seinen Rippen ein eisernes Band. Er zwang sich,
tief und ruhig zu atmen und wartete, dass es nachließ.
Ja, er fühlte sich allein. Vor allem, seitdem
auch noch Wolfram Blömer von gegenüber weggezogen war. Claudia
kam, so oft es ging, aber das war etwas anderes.
Ein leichter Windstoß glitt durch Heinrichs
noch volles, weißes Haar. Es war bestimmt schon spät, und er
stemmte sich hoch. Aus welcher Richtung war er bloß gekommen? Von
rechts? Von links? Unschlüssig drehte er sich um. Die Wege glichen
sich, jetzt, wo das frische Blätterwerk der Bäume die Sicht in
die Ferne verdeckte. Welchen Weg musste er gehen? Er wusste es nicht mehr.
Sein Atem ging kurz und schnell.
Von rechts näherte sich eine junge Frau
mit Kinderwagen. Das Gesicht, umrahmt von den pechschwarzen Haaren, kam
ihm bekannt vor. War das die Verkäuferin in der Bäckerei? Oder
eine neue Nachbarin im Haus?
Ein Lächeln überzog ihr schmales Gesicht,
als sie neben ihm anhielt. „Sind Sie auch auf dem Nachhauseweg? Herr Winter,
nicht wahr?“ Sie stutzte. „Erkennen Sie mich nicht? Ich bin Frau Resch,
aus dem dritten Stock. Wenn Sie möchten, können wir zusammen
gehen.“
Heinrich nickte eifrig. „Ja. Ja, gern, Frau …
äh. Ich bin nur nicht ganz so schnell zu Fuß wie Sie.“
Frau Resch machte eine wegwerfende Handbewegung,
vergewisserte sich kurz, dass das Baby noch schlief, und gemeinsam verließen
sie den Park.
„Sie glauben gar nicht, wie wohl ich mich in
hier fühle“, plapperte die Nachbarin los. „Erst dachte ich, diese
Gegend …“ Ihre Stimme klang angenehm, erstaunlich tief und beruhigend,
und Heinrich ging schweigend neben ihr und dem Kinderwagen her.
Als sie zu Hause in den Aufzug stiegen, dachte
Heinrich: Den Weg hätte ich auch allein gefunden, aber mit der Nachbarin
war es netter. Vielleicht kann ich sie ab und zu abpassen, wenn sie losgeht.
Nach dem späten Mittagessen legte er sich
aufs Sofa, und erst der schrille Ton der Wohnungsklingel riss ihn aus dem
Schlaf. Gleich darauf hörte er, wie sich ein Schlüssel im Türschloss
drehte.
„Hallo Paps,“ - Claudias Stimme flog durch den
Flur - „ich bin’s.“
Heinrich rappelte sich auf, strich träge
seine Haare glatt und schob die Füße in die Pantoffeln. Schon
stand seine Tochter vor ihm. Heinrich spürte mehr den kurzen Blick,
mit dem sie ihn musterte, als dass er ihn sah. Es war nur ein kurzer Moment;
es war immer nur ein kurzer Moment, kaum wahrnehmbar. Rasch stellte Claudia
den Einkaufskorb ab, beugte sich zu ihm hinab und gab ihm einen Kuss auf
seine glatt rasierte Wange.
„Uff, dieser Job macht mich noch fertig“, schnaufte
sie und ließ sich neben ihn auf die Couch fallen. „Du hast es furchtbar
warm hier.“
„Ich habe geschlafen“, sagte er gereizt. Sie
wusste, dass er leicht fror.
„Warum nimmst du nicht die Decke?“
Heinrich stemmte sich aus dem Sofa hoch. „Wollen
wir Kaffee trinken?“ Auch Claudia machte Anstalten aufzustehen; er hielt
sie zurück. „Bleib sitzen, ich kann das noch. Ruh du dich erst mal
aus. Du hast es nötig.“
Claudia hatte bei der Arbeit viel um die Ohren.
Irgendwas mit Computern, er konnte sich die Einzelheiten nie merken, all
dieser neumodische Kram. Sie trug ihren eleganten blauen Hosenanzug, hatte
wohl einen wichtigen Termin gehabt. Vor allem wollte Heinrich verhindern,
dass sie seine Küche inspizierte, dass sie anhand der Mineralwasserflaschen
kontrollierte, ob er genug getrunken hatte. Das hier war sein Reich; er
war zwar alt, aber noch fit.
Als er mit der Kanne zurückkam, war der
Tisch schon gedeckt, wie immer mit dem Blümchengeschirr von Villeroy
& Boch. In der Mitte stand ein Gugelhupf. Schon lange bat sie ihn nicht
mehr, Kuchen einzukaufen, sondern brachte immer welchen mit, auch wenn
sie selbst kaum davon aß. Doch dass sie beim ersten Schluck Kaffee
den Mund verzog, ärgerte ihn. Sie goss so viel Milch in die Tasse,
dass diese fast überlief, und nahm zwei Stück Zucker. Sonst knauserte
sie mit jeder Kalorie.
Der Kaffee war heute allerdings wirklich sehr
stark geraten, musste Heinrich zugeben.
„Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte
Claudia.
„Natürlich, … Was hast du gerade gesagt?“
Sie schaute in seine Richtung, doch ihr Blick
ging durch ihn hindurch. Sie räusperte sich zweimal und fixierte ihn
wieder. „Ich habe gesagt, dass ich dich heute Morgen im Sankt-Marien-Heim
angemeldet habe.“
„Was hast du?!“ Heinrich setzte die Tasse so
heftig ab, dass der Kaffee überschwappte und auf dem Unterteller eine
Lache bildete.
Claudias rechtes Augenlid begann zu zucken. „Wir
haben vorgestern darüber gesprochen. Erinnerst du dich nicht?“
„Spar dir deinen belehrenden Ton!“ Heinrich war
aufgesprungen, lief durchs Zimmer wie ein Raubtier im Käfig auf der
Suche nach einer Lücke zwischen den Gitterstäben. „Und ob ich
mich erinnere! Und ich habe gesagt, dass ich dort nicht hin gehe. Ich lasse
mich nicht in ein Altenheim sperren. Basta!“ Abrupt blieb er stehen und
schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
Hinter ihren Brillengläsern schimmerten
Tränen in Claudias grünbraunen Augen. „Glaubst du … es macht
mir Spaß, dich dort unterzubringen, wo du hier bleiben möchtest.
Im Moment gibt es keine andere Möglichkeit!“ Mit einer eigenartigen
Mischung aus Entschlossenheit und Bitten sah sie ihn an. „Und wenn ich
nicht gleich zugegriffen hätte, hätte es Monate dauern können,
bis wieder ein Platz frei ist. Du hast dich dort auf die Warteliste setzen
lassen.“
„Nur, weil du mich unter Druck gesetzt hast“,
fauchte Heinrich.
Jetzt wurde Claudias Stimme ganz klein. „Du kannst
nicht mehr alleine leben. Doktor Schröder sagt …“
„Doktor Schröder! Was der Quacksalber sagt,
ist mir egal!“ (...)
Barbara Ter-Nedden (Hrsg.): Schattenzeit,
110 S., 10,80 €, Januar 2015, ISBN 978-3-929386-52-3
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Der schwarze Kater
von Edgar Allan Poe
Eine Leseprobe der Erzählung von Edgar Allan Poe mit Illustrationen
von Eva Künzel gibt es hier...
Edgar Allan Poe: Der schwarze
Kater, übersetzt von Joachim von der Goltz, illustriert von
Eva Künzel, 40 S., 10,80 €, ISBN 978-3-929386-51-6
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Die Eifel
im Bild
Vorwort
Die Eifel
ein weites, waldreiches Bergland, ein Teilstück des Variskischen
Bogens, ein Rumpfgebirge der Devonzeit, bestehend aus Grauwacke (Siegener
Schichten) und Schiefer, unterbrochen von Kalkmulden und mesozoischen Buntsandsteineinlagen,
durch tief eingekerbte Bachtäler zergliedert und von tertiären
und quartären Vulkankuppen überhöht sowie von Calderen,
Maaren und Kraterseen geschmückt, ein Gebiet voller Vielgestaltigkeit.
Darinnen eingebettet Burgen, Städte, Bauerndörfer, umgeben
von Feldern, Wiesen, Weiden und ausgedehnten Wäldern.
Einst von starken Territorialherren beherrscht und ausgenommen, ins
Abseits verfallen, gemieden, von Romantikern wiederentdeckt, heute durch
florierenden Tourismus belebt.
Umgrenzt wird die Eifel im Osten vom Rhein, im Süden von der Mosel,
im Westen geht sie ins Hohe Venn und in die Ardennen über, im Norden
stößt sie gegen die Niederrheinische Bucht. Die Eckpunkte bildet
das Städtequartett Aachen-Bonn-Koblenz-Trier. Dazwischen begleiten
den Eifelrand zahlreiche interessante Städtchen und Orte.
Im Übrigen lässt sich die Eifel in folgende Teilgebiete gliedern:
Entlang dem Eifelrand
Die Nordeifel
Im Erfttal
Der Ahr nach von der Quelle bis zur Mündung
Die Zentraleifel (Hocheifel, Vulkaneifel)
Das Elztal
Die Vordereifel, Maifeld, Pellenz und Moseleifel
Die Westeifel
(...)
Die Nordeifel
Sie stößt als breiter Waldgürtel entlang der deutschen
Westgrenze in die Niederrheinische Tieflandbucht vor. Weite Höhenzüge
(Kermeter, Zitterwald), hohe Bergkuppen (zwischen 300m bis über 600
m Höhe) und teils enge, tief eingeschnittene, teils sanfte freundliche
Täler bilden eine reizvolle abwechslungsreiche Landschaft. Sie ist
durchsetzt von zahlreichen Talsperren, von denen der Urft- und der Rursee
eine beherrschende Stellung einnehmen. Das Straßennetz zieht sich
über die Wasserscheiden hin oder folgt den Flüssen. Hier treffen
wir auf nette Ortschaften und reizende Städtchen. Selbst in den Talengen
der Rur entstanden bedeutende Siedlungen, so die märchenhafte Stadt
Monschau wie auch Dedenborn, Einruhr u.a., aber auch über den Steilhängen
des Flusses wie Nideggen. Im Urfttal finden wir Kall und Gemünd, im
Oleftal Schleiden, am Vichtbach Stolberg und Eschweiler. In den höher
gelegenen Quellmulden entstanden kleinere Siedlungen. Die Dörfer auf
den freien Hochflächen gegen das Venn hin schützen sich durch
haushohe dichte Hecken vor den kalten Winden und den peitschenden Niederschlägen.
Oft werden die Eifelorte von Burgen und Schlössern überragt,
die ihnen Schutz gewährten, aber sie auch ausnahmen, so in Monschau,
Nideggen, in Stolberg, Schleiden, Reifferscheid, Wildenburg, Kronenburg
und anderswo.
Kirchen und Kapellen, alte Klöster und Abteien, kostbare Altäre
und Kirchenschätze, Brunnen und Denkmäler, Relikte der römischen
Baukunst, Quellfassungen, Wasserleitungen, Aquädukte, vorrömische
Heidentempel und Heiligtümer, die verstreut im Bereich der Nordeifel
zu finden sind, bilden den stillen Reichtum des Landes.
Um diese Landschaft und das Kulturerbe zu schützen und zu erhalten,
wurde im Mai 1960 der Naturpark Nordeifel ins Leben gerufen und in den
folgenden Jahren ausgebaut und ins benachbarte Ausland erweitert.
Auf einige sehenswerte Orte sei nun kurz eingegangen.
Monschau, eine malerische Stadt, liegt von steilen Berghängen
bedrängt im engen Rurtal. Der rauschende Fluss windet sich zwischen
hochragende schmucke Fachwerkbauten unter zahlreichen Brücken her.
Vom Schlossberg schaut die alte Burg (heute Jugendherberge) auf die Dächer
stolzer Gebäude der Stadt herab, darunter das alte Amtshaus, das Rathaus,
das 1756 vom Begründer der Feintuchwebereien Joh. Heinrich Scheibler
erbaute Rote Haus, die Klosterkirche der Minoriter von 1720, nunmehr kath.
Pfarrkirche, die aus dem Jahr 1789 stammende ev. Schwanenkirche. Schmucke
Schnitzereien zieren viele Bauten wie ebenso reizende Schwebegiebel, kunstvolle
Haustüren und Treppen. Ein lebhafter Touristenbetrieb macht die Stadt
zuweilen unruhig. Als besondere Attraktion zieht das jährlich stattfindende
Wildwasserrennen viele Zuschauer an.
Burg Dreiborn westlich von Monschau auf der Höhe über Schleiden
ist die höchst gelegene Wasserburg der Rheinlande (auf 540 m), seit
dem 14. Jh. jüliche Unterherrschaft im Amt Monschau, ab 1586 im Besitz
der Freiherrn von Harff. Es handelt sich um eine Rechteckanlage, von doppeltem
Wassergraben umgeben. Das Herrenhaus trägt ein zweigeschossiges abgewalmtes
Mansardendach und zeigt einen anstoßenden Eckturm. In der Südostecke
der Umfassungsmauer befindet sich ein freistehender Rundturm. Östlich
der Hauptburg breitet sich eine dreiflügelige Vorburg aus, der eine
Gartenanlage des 17. Jhs. südlich vorgelagert ist (heute jedoch eine
leere Grasfläche zeigt). Erhalten blieb die Umfassungsmauer und ein
zweigeschossiger achtseitiger Pavillon.
Olef, zwischen Schleiden und Gemünd gelegen, ein uralter Pfarrort
im Eifelgau an der Olef, gehörte zur Unterherrschaft Dreiborn im Herzogtum
Jülich. Die Pfarrkirche St. Johann Baptist entstand als Nachfolgebau
einer älteren Saalkirche des 13. Jhs. um 1500 als zweischiffige Hallenkirche
mit angehängtem nördlichen Seitenschiff und vorgesetztem viergeschossigen
Westturm. Sie birgt ein interessantes Inventar aus der Spätgotik und
dem Barock. Im Dorf stehen mehrere sehenswerte Fachwerkbauten. (...)
Heinrich Brodeßer: Die
Eifel im Bild, 304 Seiten, Hardcover 21 x 21 cm, 100g/m²,
Bilderdruck glänzend, 22,80 €, ISBN 978-3-929386-48-6
Inhaltsverzeichnis und Eifelkarte
- Bildbeispiele
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Tabu
Nachwort
Tabu stammt aus dem polynesischen Sprachraum (abgeleitet von „tapu“)
und bezeichnet einen Zustand, der als „unverletzlich“, „unberührbar“
oder „heilig“ beschrieben werden kann, im heutigen Gebrauch auch als „durch
Sitte und Gesetz geschützt“.
All das passt auf die eine oder andere Art zum großen Tabuthema
weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM), auf
das ich 2009 durch den Kinofilm „Wüstenblume“ aufmerksam wurde. Als
ich den Film sah, war ich geschockt und empört über die Ausmaße
dieses grausamen Rituals. Das Thema fesselte mich dermaßen, dass
ich damit begann, über FGM zu recherchieren. Nachdem ich mehrere Bücher
und Artikel über Genitalverstümmelung und Afrika im allgemeinen
gelesen hatte, begann ich auch, mich innerhalb meines Kunststudiums diesem
Thema zu widmen. Da mich das Ganze auch nach mehreren Semestern nicht losließ,
entschloss ich mich dazu, im Rahmen meiner Abschlussarbeit „Tabu“ zu editieren
und zu illustrieren.
Bei meiner Arbeit geht es mir nicht nur um das offensichtliche Tabu
FGM – den Ablauf des Rituals, die physischen und psychischen Folgen für
die Frauen und ihre Familien und die Hintergründe. Mich interessieren
auch Fragen wie: Warum werden diese Rituale bis heute durchgeführt?
Welche Rolle spielen die Männer? Wer sind die Befürworter und
welche Rechtfertigungen haben sie? Was mir im Laufe meiner Arbeit als die
eigentlichen Tabuthemen erschienen, worüber hier nicht gerne gesprochen
wird, weil es immer leichter ist, mit dem Finger auf andere zu zeigen,
sind die Parallelen zu unserer westlichen Gesellschaft: Was ist mit den
Genitalverstümmelungen in europäischen und amerikanischen Psychiatrien
im 18. und 19. Jahrhundert? Gibt es einen Zusammenhang zwischen FGM in
Afrika und der genitalen Schönheitschirurgie in der heutigen Zeit?
Welche Gemeinsamkeiten haben FGM und die männliche Beschneidung? Wie
lassen sich Operationen von intersexuell geborenen Kindern rechtfertigen?
Während in einigen Teilen Afrikas das Ritual an sich heilig und
durch Sitten geschützt ist, während dort das Thema Sexualität
teilweise noch unberührbar ist, sind uns hier Schönheitswahn
und Oberflächlichkeiten heilig. Was unsere Götter in Weiß
sagen, bleibt oftmals unangetastet. Da es zum Beispiel in der westlichen
Welt nicht gebräuchlich ist, dass ein Kind kein eindeutiges Geschlecht
hat, wird von Ärzten korrigiert. Alternativen, die vielleicht für
die psychische Gesundheit dieser Kinder die besseren wären, sind -
tabu.
Haben wir also überhaupt das Recht, andere zu verurteilen und uns
dadurch abzugrenzen? Mit solchen Fragen möchte ich die Grausamkeit
des Rituals keinesfalls beschönigen oder relativieren, sondern klarmachen,
dass es sich um ein äußerst komplexes und sensibles Thema handelt.
Wer sich einfach angewidert abwendet und das Ganze als „barbarischen Brauch“
abtut, macht es sich zu leicht!
Zur Form des Buches:
Textgrundlage meiner Arbeit sind Zitate verschiedener Schriftsteller/
innen und Aktivist/innen wie Hanny Lightfood-Klein, Waris Dirie und Tim
Hammond. Diese wurden von mir editiert und illustriert. Danken möchte
ich an dieser Stelle all denen, die mir die Zustimmung gegeben haben, diese
Zitate honorarfrei zu nutzen.
Jenny Breitkreuz
Bildbespiele aus dem Buch von Jenny Breitkreuz gibt es hier...
Jenny Breitkreuz: Tabu,
52 Seiten, Hardcover (A4), 150g/m2, Bilderdruck matt, 21,80 €, ISBN
978-3-929386-47-9
Das Buch bestellen.
Kreuz &
Quer durchs Wissen
Das Inhaltsverzeichnis und eine Leseprobe des Buches von Frank Lüdtke
gibt es hier...
Frank Lüdtke:
Kreuz
& Quer durchs Wissen - Werde Small Talk Meister!, 320 Seiten,
mit zahlreichen Bildern, 18,80 €, ISBN 978-3-929386-46-2
Das Buch ist vergriffen.
Neonce und
Lena
Das Personal
Bürgermeister: in Deutschland Oberbürgermeister (S-Po-Po)
Neonce: sein Sohn
Nena: Tochter des Oppositionsführers
Valerio: Persönlicher Referent des Bürgermeisters
Fräulein Mitterwurzer: Sekretärin des Bürgermeisters,
bzw. Ober…
Müller: Vertreter für Müllvernichtungsapparate
Schauspieldirektor: am besten er selbst
Kaplan: vierschrötig
Virginia: eine junge Mutter
Sepp: Schauspieler im Dienste der Handelskammer
Ottl: Schauspieler im Dienste der Handelskammer
Oppositionsführer: von der Vau-Pi-Pi
Die Grüne: sieht auch so aus
Der Äffler: Nationalfreiheitlicher Rechtsrepublikaner
Das Kummerl: Kosename (A) für einen Kommunisten
Reporter: einer öffentlich rechtlichen …
Vivanca: Nenas Freundin
1 OP-Mannschaft
Jede Menge Kinder
Uns geht’s gut
Uns steht der Abfall bis zum Kragen und das Wasser bis zum Hals
Wir schlucken Gift und spucken Galle und wir brüllen: „Gott erhalt’s!“
Die letzten Bäume haben wir endlich kaputtdiskutiert
Unser gepflegter Stammbaum ist durch Dioxine ruiniert
Und unsere Männer legen Eier und die Frauen hormonieren
(Was, Sie kennen dieses Wort noch nicht? — Sie werden schon kapieren!)
Doch uns geht’s gut, doch uns geht’s gut, super!
Doch uns geht’s gut, doch uns geht’s gut, Wahnsinn!
Doch uns geht’s gut, doch uns geht’s gut, doch uns geht’s wahnsinnig
gut!
Und unsere Kinder bringen wir mit dem Gebärsack auf die Welt
Die neuesten Modelle gibts bei prénatal für wenig Geld
Und vor dem Fernsehen ist der Kinder liebster Tummelplatz
Der bringt viel Wirklichkeit und einen großen Bildungsschatz
Doch uns geht’s gut, doch …
Dass, wer zu Fuß geht, ein Selbstmörder ist, das weiß
schon jedes Kind
Weil unsre Straßen voll von superschnellen Achtzylindern sind
Und unser Opa überlebte seinen dritten Herzinfarkt
Mitsamt dem Krebs und Prostata und wurde wieder ausgesargt.
Doch uns geht’s gut, doch …
Dem atomaren Mordsspektakel schauen wir fröhlich ins Gesicht
Weil unser Gruppengurutherapeut vergisst uns nicht
Uns steht der Abfall bis zum Kragen und das Wasser bis zum Hals
Wir schlucken Gift und spucken Galle und wir brüllen: „Gott erhalt’s!“
Doch uns geht’s gut, doch uns geht’s gut, super!
Doch uns geht’s gut, doch uns geht’s gut, Wahnsinn!
Doch uns geht’s gut, doch uns geht’s gut, doch uns geht’s wahnsinnig
gut!
1. Akt: Büro des Bürgermeisters
1. Szene
Valerio: Mitterwurzer, räumen Sie den Dreck weg!
2. Szene
Bürgermeister (off): Morgen — Morgen — Grüß
Gott — (ad lib., schlägt die Tür auf) Morgen!
Valerio: Guten Morgen, Herr Bürgermeister!
Bürgermeister: War wieder mal kein Durchkommen. Verdammte
Scheiße!
Valerio: Das können Sie laut sagen.
Bürgermeister: Kein Wort an die Presse! — Jetzt ist der
Glacis auch nur noch einspurig befahrbar. Man könnte sich ja dran
gewöhnen, wenn der Gestank nicht wäre.
Valerio: Wühlen Sie nicht in alten Wunden. Sie wissen doch
genau, welchen Schweiß es uns damals gekostet hat, damit die Presse
den Geruch nicht mehr erwähnt.
Bürgermeister: Was haben wir heute?
Valerio: Donnerstag.
Bürgermeister: Weiß ich selber. Zu tun!
Valerio: Wie gesagt, Donnerstag. Wöchentliche Bekanntgabe…
Bürgermeister: Ach, verdammt, die Presse. Das kann ja heiter
werden.
Valerio: Sie haben damals den Wählern versprochen —
Bürgermeister: — über die Situation der Abfallbeseitigung
einmal wöchentlich umfassend und genau zu informieren. (Telefon) Bürgermeister.
— Nein. (legt auf) — Das heißt: Bis zehn Uhr, Beginn der Pressekonferenz:
20 LKW und zwei Bulldozer — zum? — Glacis! Und ab die Post. Damit hätten
wir wieder den Status quo mit leichter Verbesserung.
Valerio: Das ließe sich verkaufen, nur — (Telefon)
Bürgermeister: Nur? — Bürgermeister. — Jetzt nicht.
(legt auf)
Valerio: Die Frächter streiken.
Bürgermeister: Schamlos! Keinen Groschen mehr für
diese Blutsauger!
Valerio: Darum geht’s nicht. Sie weigern sich, wenn die Nichtkonzessionierten
auch Fracht bekommen.
Bürgermeister: Gut, dann eben ohne die Schrotthändler.
Valerio: Wird gemacht, nur — (Telefon)
Bürgermeister: Nur? — Bürgermeister. — Nein. (legt
auf)
Valerio: — kriegen wir keine 20 LKW mehr zusammen.
Bürgermeister: Mit unseren 12?
Valerio: 4
Bürgermeister: Also, gut, 9
Valerio: 4½ — Fünf.
Bürgermeister: Was ist mit den anderen?
Valerio: Frühpension. Sie können nicht mehr.
Bürgermeister: Und der halbe?
Valerio: Motorschaden.
Bürgermeister: Na gut, stellen wir eben neue ein.
Valerio: Von welchem Geld?
Bürgermeister: Arbeitsamt wie immer.
Valerio: Die werden uns wohl kaum einen Lastwagen finanzieren.
(Telefon)
Bürgermeister: Ach so. Das heißt? — Bürgermeister.
— Noch nicht.
Valerio: Dramatische Verschlechterung in der städtischen
Entsorgung.
Bürgermeister: Nicht schlecht formuliert. Wir sollten es
wenigstens spannend gestalten. Was haben wir noch?
Valerio: Wohin?
Bürgermeister: Was? — Ach so, wie immer zurück, aber
erst nach Redaktionsschluss. Und nicht wieder alle auf einmal. Sie könnten
sich da auch mal was einfallen lassen.
Valerio: Hab ich schon. Wenn Sie erlauben? (Telefon)
Bürgermeister: Nun schießen Sie los. — Bürgermeister.
— Jetzt nicht! (legt auf) — Bitte.
Valerio: Mont Müll. Wir errichten ein weithin sichtbares
Mahnmal zum Gedenken an die drängenden Probleme des ausgehenden 20.
Jahrhunderts.
Bürgermeister: Nicht schlecht.
Valerio: Ein Denkmal mit Erlebnischarakter. Seilbahn, Gipfelrestaurant,
herrliche Weitsicht, Klettergarten, Müll-Lehrpfad…
Bürgermeister: Nicht schlecht, nicht schlecht. Ich sehe,
Sie denken mit.
Valerio: Danke, Chef.
Bürgermeister: Nur —
Valerio: Nur?
Bürgermeister: Wo soll dieser, äh — Mont Müll
stehen, äh — errichtet werden? Wo es doch kaum einen Grashalm gibt,
der nicht mit Zähnen und Klauen von wenigstens zwei Bürgerinitiativen
verteidigt wird. (...)
Hans Fraeulin: Neonce
und Nena, 134 S., 9,60 € (D)/ 9,87 € (A), ISBN 978-3-929386-43-1
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Bonner Impressionen
Einleitung
Die Stadt Bonn bietet zahlreiche interessante Ansichten, sehenswerte
Bauwerke und romantische Eckchen. Allein, in vorliegender Sammlung bemerkenswerter
Stadtansichten können nicht alle erwähnenswerte Objekte vorgestellt
werden. Das verbietet der vorgegebene Umfang dieser Veröffentlichung.
Wir müssen uns daher damit begnügen, aus der Vielzahl der beeindruckenden
Bilder eine bescheidene Auswahl zu treffen.
Die hier veröffentlichten Federzeichnungen entstanden größtenteils
nach eigenen Aufnahmen, zum Teil auch - wo die Objekte nicht zugänglich
waren bzw. vergangen sind - nach Vorlagen aus der Literatur oder Bildersammlungen.
Die Motive sind ausschließlich dem heutigen Stadtbezirk Bonn,
wie er durch die kommunale Neuordnung von 1969 entstand, entnommen. Indessen
ist dieser Bereich ein komplexes Gebilde, das wir daher wie folgt ordnen:
Die Innenstadt, wie sie im Kupferstich von Merian (1646) begrenzt wird
a) das Bonner Münster und die übrigen Kirchen der City
b) Bauwerke, Geschäfte, Gaststätten und Bürgerhäuser
Rund um die Altstadt
Das Umfeld - die Vororte Bad Godesberg
Flussübergänge
Das rechtsrheinische Bonn (...)
Das rechtsrheinische Bonn
Erst 1969 kamen die rechtsrheinisch gelegenen Gemeinden zur Stadt Bonn.
Dieser Bereich war zur Zeit der Römer, abgesehen von römischen
Übungslagern, siedlungsleeres Niemandsland. Gegen Ende des 4. Jahrhunderts
können erste Siedler hierhin vorgedrungen sein. Indessen fand die
endgültige Besiedlung der hochwasserfreien Niederterrasse erst im
5.Jahrhundert bei der fränkischen Landnahme statt. Um 700 ent-standen
Gaue als Verwaltungseinheiten. Gleichzeitig kam es zur Bildung von Grundherrschaften.
Eine solche entstand bei einer kleinen Kapelle zu Vilich, aus der um 980
eine Klostergründung hervorging, eine Stiftung des Edlen Megingoz
und seiner Gemahlin Gerberga, deren Tochter Adelheid zur ersten Äbtissin
bestimmt wurde. 987 wurde das Vilicher Stift durch ein königliches
Diplom Ottos III. als Reichskloster bestätigt. Daraus entstand als
selbstständiges Territorium das Vilicher Ländchen, die „Herrlichkeit
Vilich“, die allerdings unter dem Druck der Vogtei durch die Kölner
Erzbischöfe zur kurkölnischen Unterherrschaft wurde.
Aus der ehemals kleinen christlichen Kapelle entstand im Laufe der Jahrhunderte
eine stattliche dreischiffige Kirche (im 11. Jh.) mit einer breiten dreiteiligen
Choranlage (um 1270/80), einem nachgotischen Querhaus (von 1590/95) und
einem hohen eingezogenen Westturm, eine viel besuchte Stifts- und Wallfahrtskirche.
Sie wurde bei den zahlreichen Kämpfen und Kriegen, die das Rheinland
heimsuchten, mehrfach geschädigt, wieder geflickt, zerstört,
gebrandschatzt und zuletzt um 1700 auf die Hälfte verkürzt mit
vorgesetztem Turm wieder aufgebaut. In dieser Form ist sie uns überkommen.
In der kleinen Kapelle von 1208/1222 im südlichen Seitenschiff
findet sich heute ein Sarkophag, darauf die Liegefigur der heiligen Adelheid.
Er wurde jedoch der Gebeine der Heiligen beraubt, die Reliquien sind verschollen
oder gingen endgültig verloren.
Erhalten blieben indessen die Stiftsgebäude von 1641, die heute
erweitert als Altersheim bzw. Altenpflegeheim genutzt werden. In unsere
Zeit hinüber gerettet wurden ferner das alte „Hospitälchen“,
das ehemalige Pastorat und der Rest des romanischen Torbogens am Eingang
der Immunität, durch den der Blick auf die ehemalige Schule fällt.
Hier endete der Klosterbereich, und die Straße führt hier
in die Niederung hinab. Auf halbem Weg treffen wir auf das „Bürgermeister-Stroof-Haus“.
In diesem spätbarocken Wohngebäude einer alten Hofanlage lebte
und arbeitete der erste Bürgermeister der Gemeinde Vilich Leonard
Stroof. 1808 war nach dem Untergang der „Hoheit und Herrlichkeit Vilich“
unter französischer Herrschaft eine neue Kommune gegründet worden,
deren Verwaltung dem Bürgermeister oblag. Das historisch aussagekräftige
Gebäude wurde in den 1970er Jahren durch die Initiative des Denkmal-
und Geschichtsvereins Bonn-Rechtsrheinisch vor dem Abriss gerettet, 1985
von der Stadt Bonn übernommen und 2009 dem vorgenannten Verein zur
Betreuung und Nutzung übergeben. Dieser hat es unter der Leitung von
Carl Jacob Bachem als Stätte der Begegnung, als Zentrale für
Heimat- und Familienforschung und als Museum, das die Lebens-weise und
die Verwaltung einer Gemeinde in jener turbulenten Zeit aufzeigt, und als
Sitz des Vereins hergerichtet und für die Öffentlichkeit geöffnet.
Zu Füßen des Terrassenhanges liegt in anmoorig anmutendem
Gelände in einem Park die von Wassergräben umgebene Burg Lehde,
eine zweigeschossige Flügelanlage mit einem Kellergeschoss, das u.a.
den Eingangsbereich bildet, und einem Mansardendach. Ursprünglich
Stammsitz der Schillink von Vilich, einem Rittergeschlecht, das zu Beginn
des 15. Jahrhunderts ausstarb, wechselte sie wiederholt den Besitzer, bis
sie 1716 vom Stift käuflich erworben wurde. Durch die Säkularisation
zur Domäne geworden, wurde die Burg vom preußischen Staat wieder
in private Hand verkauft. (…)
Heinrich Brodeßer: Bonner
Impressionen - Alte und neue Stadtansichten in Federzeichnungen,
173 Seiten mit 126 Federzeichnungen, Hardcover 21x21 cm, 100g/m2
Bilderdruck glänzend, 18,80 €, ISBN 978-3-929386-42-4
Inhaltsverzeichnis
- Bildbeispiele
- Das Buch bestellen
Theater für
alle
Theatersolidarität
Jahrhunderte lang war Theater die existentielle Grundlage für
Solidargemeinschaften am Rande der Gesellschaft, zu unstetem Aufenthalt
gezwungen, wie Diebe und Räuber eher im Wald zu Hause als in den Städten,
wo sie auf Jahrmärkten das Geld zum Leben erwirtschafteten, um sich
und die Truppe durchzubringen. Dafür wurde jede Hand gebraucht, auch
der „missratene“ Nachwuchs, der sich genauso wie exotische Tiere schnell
als Zugpferde auch im übertragenen Sinne erwies. Der Stärkste
der Truppe, er brauchte nicht unbedingt der Hellste zu sein, bekam eine
Keule in die Hand, um unterwegs den einen oder anderen Bären, Wolf,
Keiler oder Räuber zu verscheuchen. Seinen großen Auftritt hatte
er beim Einzug in die Stadt, wo er die gaffende Menge an den Straßenrand
zu drängen hatte, um der Truppe an der Maut vorbei den Weg zum Marktplatz
zu bahnen. Dafür bekam er ein paar bunte Fetzen umgehängt, um
seine Herkunft zu kaschieren. Sie nannten ihn Herlequin oder Hellequin,
der aus der Hölle kommt. Die Hölle, das war der Wald. Aus Herlequin
wurde Erlkönig oder Harlekin, eine der berühmtesten Theaterfiguren
überhaupt. (...)
Spiele und Übungen - (...) Kennenlernen
Kommen Leute zusammen, müssen wir schauen, wie sie zusammenkommen.
Bis 250 Leute habe ich es schon probiert, dass sich alle einander vorstellen,
und zwar mit dem Begrüßungsritual der Annuit. Was in anderen
Zusammenhängen als übergriffig getadelt wird, als Ritual ist
es erlaubt, jemandem eins auf die Nase zu geben und die Ohren lang zu ziehen.
Das Begrüßungsritual der Annuit
Innuit, die Eskimos, haben es schwer, vermummt wie sie angezogen sind,
sich einander zu nähern und reiben sich die Nasen. Ihren Antipoden,
den Annuit, geht es besser. Sie geben sich erst rechts, dann links die
Hand, wobei sie sich je nach Ortslage Grüß Gott, Guten Tag oder
Moin-Moin sagen, zupfen mit einem „Ping“ das drübere Ohr und stupfen
mit einem „Doing“ die andere Nase mit dem Zeigefinger. Dann sagen sie sich,
wer sie sind. Tipp: Das Ritual aufteilen, „Ping“ und „Doing“ erst im zweiten
Durchgang einführen. „Grüß Gott, grüß Gott,
Ping, Doing, ich bin der Hans.“ So geht das, bis sich alle einander vorgestellt
haben, in Etappen schon zweimal. Ich bin jedes Mal erstaunt, wie viele
neue Namen ich mir danach gemerkt habe.
Rechts-Links-Zentrum-Pampaderampam
Im Kreis funktioniert kennenlernen einfach. Alle stellen sich reihum
vor, manche kurz, manche mit ihren Anliegen, manche in der Ausführlichkeit
eines ganzen Lebenslaufs. Sich zu zweit einander erkunden und dann Partner
oder Partnerin vorstellen, ist eine nette Variante im Einerlei der Wochenendseminare.
Das Spiel geht so: Irgendwer Mutiger setzt sich in die Mitte, meist
ist es zunächst die Workshopleitung, die ist sowieso im Zentrum, stellt
sich mit Vornamen vor, zeigt auf einen Herumsitzenden und fragt ihn oder
sie nach dem Nachbarn oder sich selbst, entweder rechts – pampaderampam,
links – pampaderampam oder Zentrum – pampaderampam. Wenn die Angesprochenen
das nicht zum letzten Pam kundtun oder was Falsches sagen, kommen sie in
die Mitte. Es reicht der Vorname. Titel sind entbehrlich. Machen Menschen
mit Lernschwierigkeiten mit, muss es nicht wie aus der Pistole geschossen
kommen. Bei Blinden und Sehschwachen die Angesprochenen unbedingt berühren.
Bei Gehörlosen auf die Gesuchten weiterzeigen und Fingersemaphor akzeptieren.
Da im Zentrum zu stehen selten unerwünscht ist, braucht niemand beleidigt
zu sein, wenn etwas nicht funktioniert. (...)
Hans Fraeulin: Theater
für alle, 237 S., 13,80 € (D)/ 14,20 € (A), ISBN
978-3-929386-40-0
Inhaltsverzeichnis
- Das Buch bestelle
Wo nie ein
Kind zuvor gewesen ist
Traditionslinien der Science
Fiction für junge Leser von Verne bis Heinlein
Die gegenwärtige Science Fiction für junge Leser hat zahlreiche
Vorläufer, die sie auf unterschiedliche Weise beeinflussten. Dazu
zählen erstens die markanten Vertreter der frühen Zukunftsliteratur,
Jules Verne, H.G. Wells, Kurd Laßwitz und Hans Dominik, zweitens
geowissenschaftliche Werke unbekannt gebliebener Autoren, drittens Erzählungen
in technischen und populärwissenschaftlichen Jahrbüchern, Knaben-
und Familienperiodika, in die technikorientierte Zukunftsbilder aufgenommen
wurden, und viertens angelsächsische Werke der 1940er- und 1950er-Jahre,
insbesondere von Robert A. Heinlein, Isaac Asimov und Angus MacVicar.
Die im Zuge der Erfolge Jules Vernes entstandenen literarischen Texte
zwischen 1880 und 1950, in denen Technik fiktionalisiert und in der Regel
als ‚gesellschaftlicher Dienstbote‘ dargestellt wird, waren selten ausschließlich
für junge Leser intendiert, deren spezifische Lesevoraussetzungen
kaum wahrgenommen wurden. Selbst wenn Science-Fiction-Texte – etwa durch
peritextuelle Kennzeichnungen im Untertitel wie „eine Erzählung für
die reifere Jugend“ – an Kinder und Jugendliche adressiert wurden, unterscheiden
sie sich in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung im Regelfall nicht von Texten,
die nicht ausdrücklich für sie bestimmt waren. Eine spezifisch
kinder- und jugendliterarische Science Fiction war also sehr rar. Frühe
Ausnahmen in Romanform sind Otto Willi Gails Hans Hardts Mondfahrt (1928)
und Nikolaus Reitters [d.i. Arnd Herzbruch] Planetenflieger (1935).
5.1 Jules Verne und H. G. Wells
Die Vorläufer der Science Fiction bzw. die bisweilen als ‚frühe
Science Fiction‘ bezeichneten Texte vereint nach Roland Innerhofer das
Bestreben, den gesellschaftlichen Modernisierungsprozess seit der 2. Hälfte
des 19. Jahrhundert in der augenfälligen wie bedrohlichen Gestalt
von technischen Erfindungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu verarbeiten,
zu popularisieren und ein Stück weit zu domestizieren: „Auf die Bedrohung
der literarischen Imagination durch ihre technische Realisierung antwortet
die Science Fiction, indem sie die Technik zum Stoff der ästhetischen
Phantasie macht.“
Bis heute gilt Jules Verne (1828-1905)5 als der populärste unter
den Autoren utopischer Literatur und wird weltweit nachgedruckt. Undenkbar
ist die Entstehung des Zukunftsromans in Deutschland ohne den Einfluss
Vernes, der neben seinen 80-bändigen Voyages Extraordinaires auch
eine Vielzahl von Erzählungen, Bühnenwerken und naturwissenschaftlichen
Sachbüchern verfasst hat und früh kanonisiert wurde. Streng genommen
sind nur einige wenige seiner sechzig Romane zur Science Fiction zu zählen
(u.a. Voyage au centre de la Terre, 1864; dt. Reise nach dem Mittelpunkt
der Erde; Von der Erde zum Mond). Dank der Konstituierung und ungeheuren
Popularisierung des‚ wissenschaftlichen Romans‘ waren Verne und nicht zu
einem geringen Teil sein ambitionierter Verleger Pierre-Jules Hetzel wegbereitend
für die moderne Science Fiction. Der besondere Stellenwert von Wissen
führte jedoch weniger – wie es Jules Verne beabsichtigt hat – zur
Überwindung des Phantastischen, sondern erschloss im Spiel mit den
Wahrscheinlichkeiten und Grenzen der Phantasie neue ästhetische Handlungsstrukturen.
Während die Verne-Forschung eine Vielzahl von Informationen und
Materialien zum Schriftsteller und seinem Gesamtwerk zusammengetragen hat,
ist der Fakt, dass Verne sowohl erwachsene als auch junge Leser mit seinen
Texten intendiert hat, lange Zeit wenig beachtet worden. Da Vernes Werk
als Massenliteratur ohnehin unter ‚Trivialitätsverdacht‘ stand, galt
es in literaturwissenschaftlichen Kreisen primär, Vernes Reputation
zu steigern, was einer tiefergehenden Untersuchung seiner Romane als Kinder-
und Jugendlektüre, aber auch des ihnen teilweise inhärenten antisemitischen
(Hector Servadac, 1877; dt. Reise durch die Sonnenwelt, 1877/1878) und
kolonialistischen Denkens im Wege stand. Zwar gelten einige Romane Vernes
auch der Kinder- und Jugendliteraturforschung als Klassiker (Cinq Semaines
en ballon, 1863; dt. Fünf Wochen im Ballon, 1863; Vingt Mille Lieues
sous les mers, 1869/70; dt. Zwanzigtausend Meilen unter den Meeren, 1871;
Le Tour du monde en quatre-vingts jours, 1873; dt. Reise um die Welt in
80 Tagen, 1873; Deux ans de vacances), doch ist eine umfassende Darstellung
Jules Vernes als Kinder- und Jugendschriftsteller bis heute ein Desiderat
geblieben. (...)
Bartholomäus Figatowski:
Wo
nie ein Kind zuvor gewesen ist... - Kindheits- und Jugendbilder in der
Science Fiction für junge Leser, 476 S., 20,80 €, ISBN
978-3-929386-35-6
Inhaltsverzeichnis
- Presse - Das
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Streifzüge
Bildbespiele aus dem Buch von Berta Brodeßer gibt es hier...
Berta Brodeßer: Streifzüge
durch Natur und Abstraktion - 40 Jahre kreativ, 150 g/m2 Bilderdruck
glänzend (A4), Hardcover, 29,80 €, ISBN: 978-3-929386-39-4
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Kleine bergische
Schulgeschichte(n)
Bildung und Erziehung im Bergischen
Land unter dem Einfluss der Aufklärung
Auch hinsichtlich der Struktur der Schulen und deren Lehrinhalten machte
sich während des 18. Jahrhunderts ein Wandel deutlich. Als habe man
das „Teufelswerk“ der Aufklärung beschwörend abwehren wollen,
ließ man über der Eingangstür der 1701 in Reusrath eingerichteten
Schule eine Inschrift mit folgendem Text anbringen:
„Die Heylige Drey Einigkeit
Bewahr dies Schulhaus alle Zeit
Für feur Verwüstung falscher Lehr
Zu seines Names Preis und Ehr“. Schon im ersten Dezennium des
Jahrhunderts wuchs am Hofe des von der bergischen Bevölkerung „Jan
Wellem“ genannten Herzogs Johann Wilhelm die Erkenntnis, dass die schulische
Bildung dringender Reformen bedurfte. Dabei scheute sich der Landesherr
nicht, partiell in kirchliche Rechte einzugreifen, ohne dass die Abhängigkeit
der Schulen von den Kirchen tatsächlich in Frage gestellt worden wäre.
Insbesondere eine am 26. August 1709 erlassene Verordnung zeugt von der
Einsicht, dass notwendige Reformen hinsichtlich des Schulwesens staatlicher
Interventionen bedurften.
Die Bemühungen des Landesherren um eine Besserung der schulischen
Bildung trugen weit mehr als in den überwiegend ländlichen Regionen
in den Städten des Herzogtums Berg Früchte. Darauf bedacht, das
Bildungsniveau seiner Untertanen zu heben, verfügte Karl IV. Philipp
Theodor im Jahr 1770, dass Lehrer über Fähigkeiten verfügen
müssen, Kinder im christlichen Glauben zu unterweisen, aber auch Kenntnisse
der deutschen und lateinischen Sprache vorzuweisen haben, um Buchstabieren,
Lesen und Schreiben lehren zu können. Auch sollten sie in der Lage
sein, die Grundrechenarten zu vermitteln. Der jeweils ranghöchste
katholische Pfarrer des Herzogtums, der Landesdechant, hatte zu prüfen,
ob Bewerber für das Lehramt die genannten Voraussetzungen erfüllten
und ihnen gegebenenfalls ein diesbezügliches Zeugnis auszustellen.
Eine wesentliche Veränderung des Unterrichts war die, dass die
Kinder nicht mehr vorrangig auswendig zu lernen hatten, was ihnen vorgegeben
wurde, sondern dass deren Fähigkeiten zu eigenem Denken geschult werden
sollten.
Als für das bergische Schulwesen der Aufklärung beispielhaft
galt, was Johann Leopold Goes (1730-1795) in seinem Heimatort Ründeroth
leistete. Nach dem Studium von Theologie und Philosophie, Mathematik und
Naturwissenschaften an der Universität Halle, dem damaligen Zentrum
der deutschen Aufklärung, nahm Goes die Pfarrstelle in Ründeroth
ein und formte die dortige Elementarschule in eine Bildungseinrichtung
um, die sich an der 1747 von dem in Werden an der Ruhr geborenen Johann
Julius Hecker (1707-1768) in Berlin gegründeten „Ökonomisch-Mathematischen
Realschule“ orientierte, aus der ein Jahr später das erste Lehrerseminar
Preußens erwuchs. Auch die Ründerother Schule entwickelte sich
bald zu einer Art Seminar, das von zahlreichen Lehrern besucht wurde, die
in die von Johann Leopold Goes entwickelten Unterrichtsmethoden eingeführt
werden wollten.
Zu den engsten Mitarbeitern von Leopold Goes gehörten Johann Caspar
Mollerus, der sich hauptsächlich mit der Vermittlung mathematischer
Kenntnisse befasste, und Johannes Löh, ein bis 1783 in dem heute zu
Langenfeld gehörenden Reusrath tätiger Pfarrer, der Goes zwei
Jahre zur Seite stand, dann sieben Jahre Kirchenmann in Solingen war, bevor
er 1802 nach Burscheid versetzt wurde.
Von Goes und dessen Methoden des Unterrichtens beseelt, trug der Lehrerstand
selbst wesentlich dazu bei, dass die Aufklärung im Schulwesen des
Herzogtums Berg nicht ohne erkennbare Wirkung blieb. (...)
Olaf Link: Kleine
bergische Schulgeschichte(n), 144 S., 14,80 €, ISBN 978-3-929386-38-7
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Empfehlenswert
- 50 Erzählungen und Romane für junge Leser
Millionär
Der Satire-Roman "Millionär" von Tommy Jaud
erschien 2007. Er handelt von dem arbeitslosen Simon Peters, der alles
daransetzt, eine Million Euro zu verdienen, um seine nervige Nachbarin
aus dem Mietshaus zu werfen. Der Roman ist die Fortsetzung von "Vollidiot".
Simon Peters ist seit seiner Entlassung aus dem
T-Punkt arbeitslos. Er wohnt in einer kleinen Wohnung in Köln-Sülz.
Sein Alltag besteht darin, morgens in sein Büro zu fahren, als das
ihm das persische Internetcafé "Shahins WebWorld" dient. Dort schreibt
er Beschwerde-E-Mails an große Produkther-steller, in denen z.B.
steht, dass ihm das Toilelettenpapier nicht soft genug ist. Zu Hause setzt
er seine Beschwerden telefonisch fort. Bei diesen Telefonaten gerät
er immer wieder an Annabelle Kaspar, in die er sich verliebt.
In den nächsten Tagen wird er morgens von
Bauarbeiten an dem Luxus-Apartment, das über ihm erbaut wird, geweckt.
Deswegen beschwert er sich bei seinem Vermieter. Kurz darauf zieht Johanna
Stähler, die er die Königin der Unterschicht nennt, in das Apartement
ein. Sie ist die Geschäftsführerin der Plattenfirma EMI Europe
und zerrt ordentlich an Simons Nerven. Als Simon von seinem Vermieter erfährt,
dass er das Haus für eine Million verkaufen will, setzt er alles daran,
diese Million auch zu verdienen. Nach einer Anzahlung von 10.000 Euro,
die er sich von seinem besten Freund Flik leiht, verbleiben ihm noch zwei
Wochen für den Rest.
Um an das Geld zu kommen, schließt er sich
mit Shahin, dem Besitzer des Internetcafés, zusammen. Sie einigen
sich darauf, alle Einnahmen zu teilen. Ihre erste Idee ist, ein Video online
zu stellen, in dem sie einen Schwan essen, wenn sie nicht den geforderten
Geldbetrag erhalten. Diese Idee schlägt komplett fehl. Die nächste
Idee ist, Simons Hobby, das Beschweren, zu ihrem Beruf zu machen. Sie erstellen
die Internetseite www.whatsyoureproblem.de, auf der Menschen ihre Beschwerden
äußern, die Simon und Shahin gegen Bezahlung lösen. Die
Seite ist so erfolgreich, dass eBay ihnen 4 Millionen Euro bietet. Dieses
Angebot nehmen sie dankend an.
Mit seinen 2 Million kauft Simon das Haus,aber
er muss feststellen, dass Johanna wegen ihrer Arbeit nach Litauen ziehen
muss. Letztendlich zieht Annabelle zu ihm und er schreibt seine erste positive
Kritik an einen Lebensmittelhersteller.
Das Buch hat mir gut gefallen, da die Schreibweise
mich oft zum Schmunzeln gebracht hat. Ich würde das Buch an Leute
empfehlen, die Sarkasmus und Ironie mögen.
Daniela Rütz
Nils Dengler (u.a.): Empfehlenswert
- 50 Erzählungen und Romane für junge Leser, 104 S.,
4,90 €, Februar 2011, ISBN 978-3-929386-30-1
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Strandläufer
Was haben die vor?
(10.4.2000) In diesem Moment rückte Florian näher an
Hanna heran und sah sie mit großen Augen an. Ihre wunderschönen
blonden Haare wehten im Wind und ihre blauen Augen strahlten wie Sterne.
Florian fand sie in diesem Augenblick noch schöner als vorher. Selbst
ihre Pickel störten ihn nicht mehr.
Florian flüsterte zu Bill: "Was haben die vor?
Hanna guckt mich so komisch an! Oder ist das nur Einbildung?"
"Keine Ahnung was die vorhaben", meinte sein Bruder."Die
sind plötzlich so geheimnisvoll!"
Hanna trug ihren neuen, blauen Bikini. Sie hatte
sich ein Handtuch umgeschlungen, weil es ihr kalt geworden war. Sie stand
auf, beugte sich über Florian, und sagte: "Duuu, Flori? Sag mal, hättest
du was dagegen, wenn ich dir einen Kuss gebe?"
Florian schüttelte überrascht den Kopf.
Da nahm Hanna Florian an die Hand, und sie verschwanden hinter einer Düne.
Bill sah ihnen verwirrt nach. Als er merkte, dass Heidi ihn von der Seite
ansah, stand er auf und wollte gehen. Aber Heidi hielt ihn fest. "Was ist
los?", fragte sie. "Hast du keine Lust bei mir zu bleiben?" Sie zwinkerte
ihm zu.
Bill stand auf und rannte weg. Er hastete Richtung
Klo. Heidi war ihm gefolgt. Dort angekommen, musste Bill sich übergeben.
Heidi bekam einen Schreck. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie lief schnell
zu ihm und half ihm auf die Beine, brachte ihn ins Zelt und legte sich
neben ihn. Er war ganz blass und er hatte Tränen in den Augen.
"Geht’s wieder?" fragte Heidi besorgt.
Bill nickte. "Mir ging es beim ersten Mal auch nicht
anders", meinte sie." Aber das vergeht wieder."
In der Zwischenzeit waren Florian und Hanna in das
Mädchenzelt gegangen. Hanna sagte: "Ach, noch mal danke für die
Rosen. Echt lieb von euch. Hätte aber nicht sein müssen."
Florian strich Hanna durch die Haare: "Ich hab dich
sehr lieb."
Hanna sah ihm tief in die Augen. "Ich dich auch."
Für kurze Zeit war es still. Sie sahen sich
bloß an. Da legte Florian seinen Arm auf Hannas Schulter und sie
küssten sich. Florians Herz raste vor Aufregung. Auch Hanna war aufgeregt.
Sie zitterte.
"Ist dir kalt?", wollte Florian wissen.
"Ja.", meinte Hanna. Florian nahm den Schlafsack,
öffnete den Reißverschluss und deckte Hanna und sich zu. Sie
lagen ganz eng beieinander. Hanna streichelte Florian zärtlich an
seinem Bauch . Er merkte wie er rot wurde.
"Zum Glück ist es dunkel", dachte er. Florian
zögerte ein bisschen, doch dann legte auch er seine Hände auf
Hannas Körper. Die beiden verschwanden in einer Welt von Küssen
und Zärtlichkeiten.
"Hallo ihr zwei Turteltäubchen!", schrie plötzlich
Heidi. Florian erschrak und biss Hanna dabei beinahe in die Zunge.
"Musst du immer stören, wenn es grade am schönsten
ist?!", meckerte Hanna sofort drauflos.
"Sorry, tut mir leid. Aber Bill geht’s nicht so
gut. Der hat es nicht so gut vertragen", erwiderte Heidi.
"Und deswegen störst du uns?", fauchte Hanna.
"Häbäbäbä! Blöde Kuh!"
sagte Heidi und verdrückte sich.
Sie ging zurück zu Bill. Der hatte sich vor
das Zelt gelegt und schaute in die Sterne.
"Na, alles wieder O.K.?", fragte Heidi
"Ja", antwortete Bill leise. Heidi legte sich neben
ihn. "Florian ist aber ganz schön verknallt."
Bill schwieg. Lange war es still.
"Ich liebe dich", flüsterte Heidi.
Bill schwieg immer noch. Dann sagte er: "Ich hab
dich auch sehr lieb. Aber ich möchte lieber nur so mit dir befreundet
sein. Schlimm?"
Heidi fing an zu weinen. Bill nahm sie in den Arm
und tröstete sie. Er musste die ganze Zeit daran denken, dass sein
Bruder jetzt mit Hanna glücklich ist. Sie gingen zusammen an den Strand
und setzten sich auf einen Steg. Sie redeten noch bis in die Nacht hinein.
Bis Heidi ankündigte zu gehen: "Ich möchte
jetzt lieber alleine sein. Ich gehe schlafen."
Bill blieb am Strand.
Am nächsten Morgen stand Heidi ganz früh
auf. Sie wollte am Strand joggen gehen. Die Sonne war gerade erst aufgegangen
und der Himmel war rot. Ein paar Sterne waren noch zu sehen. Sie musste
wieder an Bill denken. Plötzlich sah sie jemand auf dem Steg liegen.
Sie erkannte Bill und lief zu ihm. Er schien noch zu schlafen. Bis sie
merkte, dass irgend etwas nicht in Ordnung mit ihm war...
Lisa Jungclaus
Laura Willecke (u.a.): Strandläufer,
75 S., 4.- €, ISBN 3-929386-19-4
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